RLW #32: Drei gute Nachrichten aus Russland

Heute ist der 28. Dezember 2015, und das ist die letzte Ausgabe von „Russland letzte Woche“ dieses Jahr. Richtig gelesen: Eine kurze Sonderausgabe nur mit guten Nachrichten! Nun, seien wir ehrlich, da es um Russland geht, sind die Nachrichten eher ambivalent, machen aber Hoffnung. Los geht’s!


Eine schönes Weihnachtsgeschenk! Der größte Troll der russisch-orthodoxen Kirche ist seinen Job los: Erzpriester Wsewolod Tschaplin wurde als oberster Öffentlichkeitsarbeiter des Moskauer Patriarchats entlassen. Jahrelang hetzte Tschaplin auf allen Medienkanälen gegen Schwule, Frauen und Atheisten, ganz im Sinne der orthodoxen Kirche. Zuletzt schien er mehr Eigensinn gewagt zu haben, als seinen Oberen genehm war.

Tschaplin kritisierte Russlands Eliten als „zynisch“ und „korrumpiert“, rief zur Verwirklichung der Ideale der „Heiligen Rus, des Kalifats und der UdSSR“ auf und forderte für Russlands „orthodoxe Mehrheit“ eine Schlüsselrolle im politischen Leben des Landes. Die orthodoxe Kirche begründete Tschaplins Entlassung mit der „Restrukturierung ihrer Zusammenarbeit mit der Gesellschaft und den Medien“.

Tschaplin selbst gab sofort etwa tausend Interviews, in denen er mal mehr, mal weniger bissig den orthodoxen Patriarchen Kirill kritisierte. Die Kirche werde von „kritischen Stimmen gesäubert“, beklagte sich Tschaplin. Chuzpe hat der Mann! Welche Linie sein ehemaliger Chef nun in den Medien fahren will, ist noch unklar. Tschaplins Nachfolger wurde Wladimir Legojda, ehemaliger Pressesprecher des Patriarchen.

Es gibt sie noch, die Russen, die genug von den Tschaplins dieser Welt haben. Auf Platz sieben der diesjährigen Bestsellerliste fand sich plötzlich ein alter Bekannter aller Propaganda-Kritiker wieder, nämlich George Orwell mit seiner Antiutopie „1984“. Auf der Liste im Vorjahr: Keine Spur von Orwell. Bleibt zu hoffen, dass sein Roman im neuen Jahr nicht auf den Index des russischen Justizministeriums gerät.

Übrigens, falls Sie es nicht wussten: Die deutsch-russischen Beziehungen normalisieren sich. Nein, es geht natürlich nicht um Politik, sondern um ganz basale Dinge wie deutsche Kultur, die in Russland endlich wieder Anerkennung erfährt. Und zwar so: Swetlana Krjutschkowa, 65, Volksschauspielerin der Russischen Föderation, singt „Mein Herz brennt“ von Rammstein. Im Fernsehen. Ok, nur die letzte Strophe, aber immerhin. Ein gutes Omen für 2016.


Danke für die Aufmerksamkeit!

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Bis nächste Woche und guten Rutsch!
Pavel Lokshin

RLW erscheint in Kooperation mit n-ost – Netzwerk für Osteuropaberichterstattung.